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Geschäft muss im Lockdown nur halbe Gewerbemiete zahlen

Ein Ein­zel­händ­ler, der sein Ge­schäft auf­grund co­ro­na­be­ding­ter Schlie­ßungs­an­ord­nung nicht öff­nen durf­te, muss für das La­den­lo­kal nur 50% der Kalt­mie­te zah­len. In sol­chen Fäl­len sei von einer Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge aus­zu­ge­hen, die eine Miet­zins­an­pas­sung er­for­der­lich mache, um die Be­las­tun­gen zu tei­len, ent­schied das Ober­lan­des­ge­richt Dres­den mit Ur­teil vom 24.02.2021.

Einzelhändlerin zahlte während coronabedingter Geschäftsschließung keine Miete

Die Beklagte, die einen Textileinzelhandel betreibt, hat die Miete für den Monat April 2020 nicht gezahlt. Sie beruft sich darauf, dass sie in der Zeit vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 ihr Geschäft coronabedingt nicht öffnen durfte. Sie ist der Ansicht, dass die Miete für den Zeitraum der Schließung auf „Null“ reduziert sei und beruft sich dabei auf einen Mangel des Mietobjekts, hilfsweise auf Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung höchsthilfsweise auf eine Reduzierung der Miete im Weg der Anpassung des Mietvertrages nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage. Das Landgericht sah keinen Grund für die Einbehaltung der Miete und verurteilte die Beklagte zur vollständigen Zahlung.
OLG geht von Störung der Geschäftsgrundlage aus

Das Oberlandesgericht hat der hiergegen von der Beklagten eingelegten Berufung zum Teil stattgegeben. Zwar könne sich die Beklagte nicht auf einen Mangel des Mietobjekts oder die Vorschriften der Unmöglichkeit berufen. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung sei jedoch von einer Störung der Geschäftsgrundlage im Sinn von § 313 Abs. 1 BGB auszugehen, die eine Anpassung des Mietvertrages erforderlich mache.
Hälftige Reduzierung der Kaltmiete für Zeit der Schließung angemessen

Dazu sei eine Reduzierung der Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte geboten. Dies sei gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei daher im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen.

OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20

Quelle: Beck-aktuell-Newsletter vom 25.02.2021

Arbeitsrecht 2021

Das Jahr 2020 stand im Zeichen der Corona-Pandemie.
Der nachfolgende Beitrag wird in einem ersten Teil das Maßnahmenpaket zur
Beschäftigungssicherung in Folge der COVID-19-Pandemie und in seinem zweiten Teil
die Themen, die auch neben der Pandemie arbeitsrechtlich zu erörtern sein werden,
abhandeln.

I. Kurzarbeit im Jahre 2021

Der Gesetzgeber hatte bereits am 3.12.2020 das Gesetz zur Beschäftigungssicherung
in Folge der COVID-19-Pandemie verkündet. Dieses Gesetz wird flankiert durch zwei
Rechtsverordnungen, nämlich durch die Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für
das Kurzarbeitergeld vom 12.10.2020 und die Erste Verordnung zur Änderung der
Kurzarbeitergeldverordnung vom 21.10.2020. Das Maßnahmenpaket umfasst
folgende Komponenten:

1. Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld

Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld wird für Betriebe, die mit der Kurzarbeit bis
zum 31.12.2020 begonnen haben, aufgrund der Zweiten Verordnung über die
Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld v. 12.10.2020 (2. KugBeV) auf bis zu 24 Monate verlängert, längstens jedoch bis zum 31.12.2021.

2. Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung

Die Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld (Mindesterfordernis 10% der im
Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer mit einem Bruttoentgeltausfall von mehr als
10%, keine Ausnutzung negativer Arbeitszeitsalden) werden durch die Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 21.10.2020 bis zum
31.12.2021 verlängert, sofern in dem betroffenen Betrieb die Kurzarbeit bereits bis
zum 31.3.2021 begonnen wurde.

Die Öffnung des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer wird ebenfalls bis zum 31.12.2021 für solche Verleihbetriebe verlängert, die bis zum 31.3.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit
wird bis zum 30.6.2021 verlängert. Vom 1.7.2021 bis zum 31.12.2021 werden die
Sozialversicherungsbeiträge nur noch zu 50% erstattet, wenn mit der Kurzarbeit bis
zum 30.6.2021 begonnen wurde. Der Arbeitgeber kann sich für die Zeit vom
1.7.2021 bis zum 31.12.2021 allerdings sämtliche Sozialversicherungskosten erstatten
lassen, wenn nach § 106a SGB III Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Die Corona-bedingten Erstattungsvorschriften stehen nämlich neben der Vorschrift
des § 106a SGB III, die Gegenstand des Beschäftigungssicherungsgesetzes ist, siehe
dazu 3.

3. Gesetz zur Beschäftigungssicherung

Das Gesetz zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (BeschSiG)
sieht vor, dass die Regelungen zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 70% bzw.
77% ab dem 4. Monat und auf 80% bzw. 87% ab dem 7. Monat der Kurzarbeit bis
zum 31.12.2021 für sämtliche Beschäftigten verlängert werden, deren Anspruch auf
Kurzarbeitergeld bereits bis zum 31.3.2021 entsteht.
Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen werden insoweit ebenfalls bis
zum 31.12.2021 verlängert. Das Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügig entlohnenden Beschäftigung bleibt anrechnungsfrei.
Schließlich – und dies ist erwähnenswert – wird der Anreiz zur beruflichen Weiterbildung dadurch verstärkt, dass die für diese Fälle in § 106a SGB III geregelte hälftige
Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr an die Voraussetzung geknüpft
ist, dass die Qualifizierung zumindest 50% der Zeit des Arbeitsausfalls betragen
muss. Erforderlich und ausreichend ist, wenn die Weiterbildungsmaßnahme während
des Bezuges des Kurzarbeitergeldes begonnen wurde und wenn zusätzlich eine der
beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: Die Weiterbildungsmaßnahme hat
einen Mindestumfang von über 120 Stunden und Träger und Maßnahme sind von der
von der Akkreditierungsstelle für die Zulassung nach dem Recht der Arbeitsförderung
akkreditierten Zertifizierungsstellen zugelassen (ASAV-Zertifizierung) oder die
Weiterbildungsmaßnahme bereitet auf ein Fortbildungsziel vor, das nach dem
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) förderfähig ist. Die Übernahme der
Sozialversicherungsbeiträge unter den vorgenannten Voraussetzungen erfolgt
allerdings nur für die Monate, in denen die Weiterbildung auch stattfindet.
Im Ergebnis besteht für die Arbeitgeber bei einer Förderung der Weiterbildung die
Möglichkeit, auch in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2021 sich die vollständigen
Sozialversicherungsbeiträge erstatten zu lassen.
Darüber hinaus können auch Lehrgangskosten gefördert werden. Der Umfang der
Förderung der Lehrgangskosten hängt von der Betriebsgröße ab.

4. Fazit

Fest zu halten ist, dass der Gesetzgeber alles daransetzt, dass das Instrumentarium
möglichst vollumfänglich ausgeschöpft wird. Betriebsbedingte Kündigungen sollen
hierdurch vermieden werden.

Eine Förderung der Arbeitgeber, die neue Beschäftigungsformen einsetzen (Stichwort Digitalisierung), sieht das Gesetz nicht vor.

II. Verbesserungen beim Arbeitslosengeld

Ansprüche auf Arbeitslosengeld, die in der Zeit vom 1.5.2020 bis zum 31.12.2020
auslaufen, verlängern sich gemäß § 421d SGB III einmalig um drei Monate.

III. Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz

Arbeitnehmer, die aufgrund einer durch Schul- oder Kitaschließungen verursachten
Betreuungssituation nicht arbeiten können, erhalten gemäß § 56 Abs. 1a IFSG für
das entfallende Gehalt eine vom Arbeitgeber auszuzahlende Entschädigung in
gleicher Höhe bis maximal 2016 EUR brutto monatlich. Die ursprüngliche Bezugsdauer von sechs Wochen wurde nunmehr auf zehn Wochen, für Alleinerziehende auf
20 Wochen erhöht.
Die Entschädigungsregelung tritt insgesamt zum 1.4.2021 außer Kraft.
Der Gesetzgeber hat gleichzeitig in § 56 Abs. 1 Satz 3 IFSG klargestellt, dass
Arbeitnehmer, die sich nach der Rückkehr von einer vermeidbaren Reise aus einem
bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuften Risikogebiet in Quarantäne begeben
müssen, keinen Anspruch auf Entschädigung haben.

IV. § 129 BetrVG

Die Regelung des § 129 BetrVG, wonach die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzernjugendund Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung mittels Video- und
Telefonkonferenz erfolgen kann, wird bis zum 30.6.2021 verlängert. Dies ist erfreulich. Bedauerlich ist allerdings, dass der Gesetzgeber sich hier nicht zu einer dauerhaften Regelung hat durchringen können. Gerade in größeren Gremien, z.B. in
Gesamt- oder Konzernbetriebsräten, ist die Möglichkeit, die Arbeit digital auszugestalten, wünschenswert. Durch die Möglichkeiten der Video- und Telefonkonferenz
können die Sitzungen großer Gremien, die sich aus Mitgliedern zahlreicher Standorte
zusammensetzen, erheblich vereinfacht werden. Ob der Gesetzgeber sich noch in
dieser Legislaturperiode zu einer dauerhaften Regelung durchringt, scheint allerdings
zweifelhaft.

V. Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie

Die Bundesrepublik Deutschland hat bis Dezember 2021 Zeit, die Europäische
Richtlinie 2019/1937/EU zum Schutz von Whistleblowern umzusetzen. Im Unternehmen mit zumindest 50 Beschäftigten sind zwingend ein verpflichtendes Meldesystem
und der Schutz und die Unterstützungsmaßnahmen für Whistleblower zu regeln. Auf
den Entwurf der Bundesregierung darf man gespannt sein. Aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 28.8.2020
(BT-Drucks. 19/21941) lässt sich entnehmen, dass dies noch in der laufenden
Legislaturperiode erfolgen soll. Dies darf angesichts der Pandemie wohl aber
bezweifelt werden.

VI. Kein Anspruch auf Home-Office

Der erste Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der mobilen Arbeit des Bundesarbeitsministers Heil wurde bereits im Oktober 2020 vom Kanzleramt gestoppt. Nähere
Informationen zu der Gesetzesinitiative für eine gesetzliche Regelung zur mobilen
Arbeit finden sich auf den Internetseiten des BMAS (https://www.bmas.de/DE/
Themen/Arbeitsrecht/mobile-arbeit.html).
Zwischenzeitlich liegt ein überarbeiteter Entwurf vor, der in die Ressortabstimmung
gegeben wurde. Dieser Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit (Mobile ArbeitGesetz – MAG) ist in der Fassung des Referentenentwurfes vom 26.11.2021 auf den
Internetseiten der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbar (https://www.brak.de/w/
files/newsletter_archiv/berlin/2020/2020_589anlage.pdf)
Der Entwurf beinhaltet im Wesentlichen folgendes:
ƒ-  Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen den Wunsch des Arbeitnehmers nach
mobiler Arbeit erörtern
ƒ-  Kommt es zu keiner Einigung, hat der Arbeitgeber die ablehnende Entscheidung
form- und fristgerecht innerhalb von zwei Monaten zu begründen. Der Arbeitgeber kann die mobile Arbeit mit jedem nachvollziehbaren Argument ablehnen.
– Unterlässt der Arbeitgeber die Erörterung oder lehnt er den Wunsch des Mitarbeiters aus sachfremden Erwägungen oder nicht form- und fristgerecht ab, greift eine
Fiktion, wonach die mobile Arbeit für maximal sechs Monate als vereinbart gilt.
ƒ- Der Arbeitgeber soll den mobil arbeitenden Mitarbeiter zumindest in Textform
darüber unterrichten, wie seine Sicherheit und Gesundheit gewährleistet werden.
ƒ – Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit aufzuzeichnen. Er kann die Aufzeichnungspflicht an den Arbeitnehmer delegieren.
ƒ – Zudem sollen Öffnungsklauseln in das Gesetz eingefügt werden. Die Tarifvertragsparteien bzw. Betriebsparteien sollen auch zum Nachteil des Arbeitsnehmers
Regelungen schaffen können.

Ob der vorgenannte Entwurf noch vor der im September 2021 anstehenden Bundestagswahl verabschiedet wird, bleibt abzuwarten.

VII.Erfassung der Arbeitszeit

Auch eineinhalb Jahre nach Entscheidung des EuGH vom 14.5.2019, Az.: C-55/18 zur
Arbeitszeiterfassung liegt kein Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales vor. Die aktuellen Gesetzesentwürfe der Oppositionsparteien werden
aller Voraussicht nach nicht zum Zuge kommen. Im Ergebnis gehen wir davon aus,
dass die Umsetzung der Entscheidung des EuGH in dieser Legislaturperiode voraussichtlich nicht mehr stattfinden wird.

Quelle: gekürzt aus Infobrief Arbeitsrecht, 4. Jahrgang, Jan 2021, S. 3 ff, RA Marcus Michaels

Jobcenter muss Kosten für Computer einer Schülerin übernehmen

Das Job­cen­ter muss in Zei­ten aus­fal­len­den Prä­senz­un­ter­richts die Kos­ten für einen in­ter­net­fä­hi­gen Com­pu­ter für eine Schü­le­rin über­neh­men, die Hartz-IV-Emp­fän­ge­rin ist. Das ent­schied das Thü­rin­ger Lan­des­so­zi­al­ge­richt in Er­furt am 08.01.2021. Die gel­tend ge­mach­ten Kos­ten stell­ten einen nach § 21 Abs. 6 SGB II an­zu­er­ken­nen­den un­ab­weis­ba­ren lau­fen­den Mehr­be­darf dar, der vom Re­gel­be­darf nicht ab­ge­deckt sei.

Homeschooling erfordert PC und Drucker

Die Mutter des Mädchens, das die 8. Klasse besucht, hatte die Übernahme der Kosten für einen Computer nebst Zubehör sowie einen Drucker beantragt. Sie begründete dies damit, dass ihre Tochter nach der coronabedingten Schließung der Schule ohne ein internetfähiges Gerät nicht auf die Thüringer Schul-Cloud zugreifen und am Unterricht im heimischen Umfeld teilnehmen könne. Die Kosten seien auch nicht durch den Regelbedarf abgedeckt.

Ohne Präsenzunterricht ist Zugriff auf Schul-Cloud zu ermöglichen

Dieser Auffassung schlossen sich die Richter des Landessozialgerichts an. Die Anschaffung sei mit der ab 16.12.2020 erfolgten Schließung des Präsenzunterrichts zur Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin auf Bildung und Chancengleichheit erforderlich geworden. Der Bedarf sei auch unabweisbar, denn im Haushalt sei bislang lediglich ein Smartphone vorhanden, das für den Zugriff auf die Schul-Cloud ungeeignet sei. Auch werde weder von der Schule noch von dritten Personen ein entsprechendes Gerät zur Verfügung gestellt. Per einstweiliger Anordnung verpflichteten die Richter daher das Jobcenter, der Klägerin die gewünschten Geräte zur Verfügung zu stellen oder ihr 500 Euro für den Kauf der Ausrüstung zu erstatten. 

Forderung nach höherpreisigem Gerät unbegründet

Ohne Erfolg blieb die Klägerin mit der Forderung, ein bestimmtes Gerät zu einem höheren Preis von 720 Euro erwerben zu dürfen. Es gebe keinen Anspruch auf die bestmögliche Versorgung, sie müsse sich mit einem kostengünstigeren und gegebenenfalls gebrauchten Gerät zufriedengeben.

zu LSG Thüringen, Beschluss vom 08.01.2021 – L 9 AS 862/20 B ER

Redaktion beck-aktuell, 19. Jan 2021 (ergänzt durch Material der dpa).