Alle Beiträge von Gunter Zumpf

Neufassung der Düsseldorfer Tabelle 2010

Die neue Düsseldorfer Tabelle 2010, die vom OLG Düsseldorf auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurde, ist mit den Familiensenaten aller deutschen Oberlandesgerichte abgestimmt. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar. Seit Anfang 2008 gilt die Düsseldorfer Tabelle bundesweit. Zuvor galt für die ostdeutschen Bundesländer die Berliner Tabelle.

Eine Überarbeitung der planmäßig erst Ende des Jahres zu überarbeitenden Tabelle, die als Richtschnur bei der Berechnung des Kindesunterhalts dient, war aufgrund des zum 01.01.2010 in Kraft getretenen Wachstumsbeschleunigungsgesetzes notwendig geworden. Das Gesetz bewirkt unter anderem eine Erhöhung des der Düsseldorfer Tabelle zugrunde liegenden sächlichen Existenzminimums. Dies führte zur Neuberechnung der Düsseldorfer
Tabelle, die somit schon nach einem statt zwei Jahren erneuert wurde.

Die Fassung der Düsseldorfer Tabelle 2010 bringt teils erhebliche Erhöhungen der Unterhaltssätze in allen Altersstufen mit sich. Aufgrund dessen wurde bereits im Vorfeld aufgrund der Prognosen Kritik laut, dass dies in keiner Weise mit der realen wirtschaftlichen Entwicklung vereinbar sei.

Aufgrund der ebenfalls mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossenen Kindergelderhöhung werden die höheren Sätze der Düsseldorfer Tabelle für Unterhaltsschuldner jedoch in vielen Fällen leicht abgemindert, da häufig das hälftige Kindergeld von der Unterhaltsschuld in Abzug gebracht werden kann.

1. Erhöhung des Mindestunterhalts

Die Erhöhung der Mindestunterhaltssätze gem. Düsseldorfer Tabelle 2010 wird zwar durch die Erhöhung des Kindergelds auf 184,00 € für das 1.und 2. Kind und auf 190,00 € für das 3. sowie auf 215,00 € für das 4. und weitere Kinder etwas gemildert, da das Kindergeld bei minderjährigen Kindern hälftig und bei volljährigen Kindern ganz auf den Bedarf angerechnet wird (§ 1612b BGB).

Die Steigerungen in den Zahlbeträgen sind dennoch erheblich. Sie beträgt in allen Altersstufen mehr als 13 %. Diese sich durch die Anhebung der Mindestunterhaltssätze ergebende Erhöhung des Zahlbetrags setzt sich fort, da die Einkommensgruppen ebenso beibehalten wurden wie die Steigerungssätze der Tabelle.

Unterhaltspflichtige Eltern müssen daher rückwirkend ab Januar 2010 mehr Kindesunterhalt zahlen.

2. Studentenunterhalt unverändert

Demgegenüber wurde aufgrund einer Absprache aller Oberlandesgerichte der Unterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht mehr im Elternhaus wohnt, nicht erhöht. Auch wurden die Selbstbehalte, die die Unterhaltspflichtigen verteidigen dürfen, nicht verändert.

Die kleineren Veränderungen der Düsseldorfer Tabelle 2010, wie der Wegfall des § 36 EGZPO in Ziff. 2 der Anmerkungen, der Wegfall des Vorbehalts des 7. Senats bei der Ehegattenunterhaltsberechnung sowie die Anpassung des Berechnungsbeispiels zum Mangelfall sind den durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz erfolgten Gesetzesänderungen bzw. der aktuellen BGH-Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt geschuldet.

3. Neue Berechnungsgrundlage

In Abstimmung mit allen Oberlandesgerichten wurde eine wesentliche Änderung vorgenommen, die bei der Berechnung des Kindesunterhalts zukünftig zu beachten ist. Hierbei handelt es sich um ein strukturelle Veränderung, nämlich den Abschied von der in der Statistik so beliebten 4-köpfigen Familie, die bisher die Grundlage der Düsseldorfer Tabelle
bestimmt hat, nämlich drei Unterhaltsberechtigte und ein Unterhaltspflichtiger.

Die neue Düsseldorfer Tabelle 2010 weist den Unterhaltsbedarf bezogen auf eine 3-köpfige Familie, also insgesamt nur noch zwei Unterhaltsberechtigte aus – wie vorher auch ohne Rücksicht auf deren Rang.

Durch das Abstellen auf zwei Unterhaltsberechtigte soll eine durch die Erhöhung der Sätze eintretende Übermäßige Belastung der Unterhaltspflichtigen erreicht werden, deren Einkommen in den mittleren Bereichen der Tabelle angesiedelt ist und die mehreren Berechtigten gegenüber zu Unterhalt verpflichtet sind.

Die Annahme der 3-köpfigen Familie als Grundlage der Bedarfsbemessung allein reicht aber für eine Reduzierung eines auf der alten Grundlage errichteten Unterhaltstitels nicht aus. Zwar dürfte durch diese Änderung der Düsseldorfer Tabelle die Abänderbarkeit von Titeln gemäß §§ 238, 239 FamFG eröffnet sein, aber für eine erfolgreiche Abänderung ist auch nach neuem Recht erforderlich, dass die Änderung zu einer wesentlichen Veränderung führt, also eine Änderung des Unterhaltsbetrags von in der Regel 10 % Folge der veränderten Einstufung sein muss.

4. Ausblick

Die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz erfolgte Erhöhung der Mindestunterhaltssätze bringt weiteren Diskussionsbedarf und zwingt zu einer Überprüfung vor allem der Bedarfe von Studenten/Erwachsenen und der Selbstbehalte.

Offen ist, wie lange die neue Düsseldorfer Tabelle Geltung haben wird. Eine grundlegende Änderung der bisherigen Sätze könnte nämlich noch im laufenden Jahr 2010 erforderlich werden als Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der SGB II Sätze für Kinder, aber auch für Erwachsene. Diese im Frühjahr 2010 erwartete Entscheidung könnte die Grundlage für die Anpassung vor allem der der Mindestselbstbehaltssätze sein.

Außerdem wollen sich die Düsseldorfer Richter mit den anderen Oberlandesgerichten im Sommer 2010 auch noch über eine Neukonzeption der Tabelle beraten. Zur Diskussion stehen dabei vor allem die bisher gültige Staffelung der Tabelle, die Höhe der Selbsthalte für Unterhaltspflichtige und die Gestaltung des Volljährigenunterhalts.

(von Rechtsanwalt Thoralf Knoth)

Opferrechtsreform

Schon am 01.10.2009 ist das „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzen und Zeugen“ im Strafverfahren vom 29.07.2009 in Kraft getreten.

Der Gesetzgeber stärkt darin erneut die Position von Zeugen und Opfern im Strafverfahren.

Das 2. Opferrechtsreformgesetz stärkt die Rechte der Opfer und Zeugen von Straftaten vor allen in drei zentralen Bereichen:

1.     Stärkung der Verfahrens- und Informationsrechte der Verletzten mit weiterer Ausprägung der Nebenklage
2.     Heraufsetzung der Schutzaltersgrenze für Kinder und Jugendliche, die Opfer von Straftaten geworden sind oder als Zeugen aussagen müssen von 16 auf 18 Jahre
3.     Verbesserung der Rechtsstellung der Zeugen mit einer Vereinfachung der Beiordnung eines Rechtsanwaltes

§ 395 StPO erweitert die Möglichkeiten sich als Geschädigter dem Strafverfahren als Nebenkläger anzuschließen. Eine Berechtigung zur Nebenklage ist insbesondere dann gegeben, wenn das Opfer durch ein gegen höchstpersönliches Rechtsgüter gerichtetes Aggressionsdelikt verletzt wird.

Die Auswahlmöglichkeiten des Verletzten bei der Wahl eines anwaltlichen Beistandes werden durch die § 138 III, 142 I StPO erweitert.

Die Schutzaltersgrenze für Kinder und Jugendliche wird in der StPO und GVG von 16 auf 18 Jahre angehoben.

Durch § 68 b I und II StPO wird nunmehr klargestellt, dass Zeugen bei allen Vernehmungen also auch schon bei Vernehmungen durch die Polizei einen anwaltlichen Beistand hinzuziehen können.

Der Schutz der Zeugen wir auch dadurch erweitert, dass Sie in bestimmten Fällen keine Angaben zu ihrem Wohnsitz machen müssen und bei entsprechender Gefährdungslage auch nach Abschluss ihrer Vernehmung die Entfernung der Angabe zu ihrer Identität oder ihrem Wohnort aus der Akte verlangen können (vgl. RA K. Schroth NJW 40/2009).

(von Rechtsanwältin Kerstin Henkel)

Änderung der StPO zum 01.01.2010

Der Gesetzgeber stärkt zum 01.01.2010 die Recht der inhaftierten Beschuldigten. Nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist die Mitwirkung eines Verteidigers dann notwendig, wenn gegen einen Beschuldigten die Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird.

Nach dem bisher geltenden Recht war ein Fall der notwendigen Verteidigung erst dann gegeben, wenn die Untersuchungshaft drei Monate
angedauert hat.

§ 141 Abs. 3 StPO verpflichtet das Gericht  nunmehr unverzüglich nach Inhaftierung einen Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn dieser noch keinen Verteidiger hat und auch keinen auswählt. Der neue § 115 a StPO verpflichtet darüber hinaus das Gericht Einwendungen des Verhafteten gegen den Bestand oder Vollzug der Untersuchungshaft unverzüglich zu prüfen.

Damit korrespondiert eine Erweiterung des Rechts auf Akteneinsicht bei Freiheitsentzug im neu gefassten § 147 Abs. 2 StPO.

(von Rechtsanwältin Kerstin Henkel)