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Corona und Unterhalt: Anpassung ja oder nein?

Gibt es einen Unterhaltstitel?

„Tituliert“ bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige beim Jugendamt oder Notar freiwillig unterschrieben hat, wieviel Unterhalt er schuldet, oder dass es ein Gerichtsverfahren gab, an dessen Ende durch richterlichen Beschluss oder Einigung eine Zahl stand.

Gibt es so einen Titel, droht bei Nichtzahlung sofort die Zwangsvollstreckung z.B. durch Kontenpfändung.  Außerdem laufen durch Nichtzahlung die Rückstände zu Schulden auf.

Nur wer ohne Titel – also sozusagen freiwillig – zahlt, kann überhaupt einseitig kürzen.

Dass er dies mit dem Anderen kommunizieren sollte, ist ein Gebot der Fairness, denn dort können ggf. öffentliche Sozialleistungen beantragt werden, um die Lücke zu füllen.

Liegt also ein Titel vor, wären die richtigen Maßnahmen:

Aus Sicht des Unterhaltspflichtigen, der weniger zahlen möchte:

  1. Man einigt sich mit dem Unterhaltsberechtigten auf eine Kürzung, Stundung, zeitweiligen Verzicht der Vollstreckung, Ratenzahlung.
  2. beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Gericht.
  3. zeitgleich mit einem Abänderungsbegehren nach §§ 238, 239 FamFG.
  4. aber, Die Parteien eines gerichtlichen Vergleichs können diesen außergerichtlich zwar als materiell-rechtlichen Vertrag ändern, aber nicht als Vollstreckungstitel.

Wesentlichkeitsschwelle

Nicht jede Änderung berechtigt zur Abänderung – dagegen hat die Rechtsprechung den Begriff der „Wesentlichkeitsschwelle“ entwickelt. Diese gilt jedenfalls für Unterhaltsbeschlüsse – nicht zwingend für Vergleiche und Urkunden – ist jedoch nicht starr. Durch die Literatur geistert eine „10-Prozent“-Schwelle, was man als Anhaltspunkt nehmen kann (Gemessen wird nicht die Einkommensveränderung, sondern die des Unterhaltsbetrages).

Der BGH hat allerdings in keiner einzigen Entscheidung den Abänderungsantrag von der Einhaltung der 10 %-Grenze abhängig gemacht.

Nachhaltigkeit der Veränderung

Für das akute Thema „Corona“ relevanter ist die Frage der Dauer. Es kann heute niemand absehen, für welchen Zeitraum die Pandemie-Einschränkungen der Arbeitswelt herrschen.

Um einen Unterhaltstitel wegen veränderter Umstände abändern zu können, muss die wesentliche (s.o.) Veränderung aber nachhaltig sein.

Angenommen, dass nach 2 Monaten alles wieder normal weitergeht und dann bezahlte Überstunden geleistet werden müssen, um Arbeitsrückstände abzubauen – wohl ein Fall ohne Abänderungsmöglichkeit.

Prognostiziert wird ja auch in der Regel ein „Jahreseinkommen“, aus dessen Zwölftel dann die Leistungsfähigkeit berechnet wird.

Überzahlung: unter Vorbehalt Gezahltes gibt es nicht stets zurück

Zuviel gezahlter Unterhalt kann grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Und zwar auch dann nicht, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, dass die Unterhaltszahlung zu hoch war oder dass gar kein Unterhaltsanspruch bestand.

Dabei geht das Gesetz nämlich davon aus, dass der Unterhalt zum Verbrauch bestimmt – also im besten Wortsinn verzehrt – ist, so dass der Unterhaltsempfänger sich auf „Entreicherung“ berufen kann.

Dagegen hilft übrigens nicht der Zusatz „Zahlung unter Vorbehalt“ – jedenfalls nicht, so lange nicht zugleich ein gerichtliches Abänderungsverfahren läuft.

Fazit: Unterhalt während der Corona-Krise

Wer sich mit dem Unterhaltsgläubiger nicht irgendwie einigt, muss den richtigen Augenblick erkennen, in dem er von einer wesentlichen und nachhaltigen Einkommensreduzierung ausgeht, und dann unverzüglich (anwaltlich vertreten!) nach § 241 FamFG vorgehen.

Für weitere Fragen und eine Beratung können Sie uns gern kontaktieren!

Gekürzt übernommen aus https://www.deubner-recht.de Corona-Lohneinbuße und Unterhalt: Wie lässt sich der Unterhalt an aktuelle Entwicklungen anpassen?

EuGH: Die Berechnung der Widerrufsfrist muss sich aus Verbraucherkreditvertrag klar und prägnant ergeben – neue Möglichkeiten des Widerrufs

Verbraucherkreditverträge müssen die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist in klarer und prägnanter Form angeben. Wie der Europäische Gerichtshof festhält, reicht es nicht aus, dass der Vertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist (Urteil vom 26.03.2020, Az.: C-66/19).

Von diesem Urteil sind viele Verbraucherkredit- und Leasingverträge (u.a. auch Immobilien-,sowie Autokreditverträge) seit Juni 2010 betroffen, weil diese eine regelmäßig verwendete Standard-Widerrufsbelehrung, die auf Vorschrift des § 492 Absatz 2 BGB verweist, enthalten.

Die Widerrufsfrist für den Verbraucher beginnt erst dann zu laufen, wenn die Bank einen ganzen Katalog von Informationspflichten (s.g.„Pflichtangaben“) erfüllt hat. Werden diese Informationspflichten nicht erfüllt, beginnt die Widerrufrist nicht, die dann folglich auch nicht endet. Ein Widerruf ist in einem solchen Fall auch noch nach Jahren möglich.

Bei einem wirksamen Widerruf eines Verbraucherkredit- und Leasingverträge sind die wechselseitig erbrachten Leistungen zurück zu gewähren. Zusätzliche, vertraglich übernommene Verpflichtungen sind hingegen nicht zu erfüllen, was dem Darlehensnehmer neue Möglichkeiten eröffnet.

Der Widerruf ist dann regelmäßig jederzeit möglich, sollte jedoch nicht übereilt und ohne rechtliche Beratung erklärt werden, da eine Erklärung des Widerrufes bei noch laufenden Verträgen oftmals auch unbeabsichtigte Konsequenzen haben kann.

Wenn Sie überlegen, sich von einem teuren Vertrag zu lösen oder sich von Ihrem finanzierten Fahrzeug trennen zu wollen, lassen Sie Ihre Verträge auf Fehler und ihre Widerrufsmöglichkeit anwaltlich prüfen.

Für weitere Fragen und eine Beratung können Sie uns gern kontaktieren!

 

Coronakrise: Änderungen im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Der Bundestag hat am 25.03.2020 einstimmig einen Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der Covid-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht angenommen.

Änderungen im Zivilrecht: Miete, Leistungsverweigerungsrecht, gesetzliche Stundungsregelung

Im Bereich des Zivilrechts sollen zeitlich befristet bis zum 30.06.2020 besondere Regelungen eingeführt werden, die Schuldnern, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, die Möglichkeit einräumen, die Leistung einstweilen zu verweigern oder einzustellen, ohne dass dies für sie nachteilige rechtliche Folgen hat. Für Verbraucher und Kleinstunternehmen soll so gewährleistet werden, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas und Telekommunikation nicht abgeschnitten werden. Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume soll das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt werden. Im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge soll eine gesetzliche Stundungsregelung und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden. Dies soll von einem gesetzlichen Kündigungsschutz unterstützt werden.

Änderungen im Insolvenzrecht: Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbote ausgesetzt

Im Bereich des Insolvenzrechts sollen die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit.

Änderungen im Strafverfahrensrecht: Unterbrechung der Hauptverhandlung

In das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung wird ein auf ein Jahr befristeter zusätzlicher Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung eingefügt. Er soll es den Gerichten erlauben, die Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Covid-19-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.

Für weitere Fragen, Informationen und eine Beratung können Sie uns gern kontaktieren!

Quelle: gekürzt Newsletter C.H.Beck vom 25.03.2020