Corona-Krise: Bundesregierung plant Gutscheinlösung für Veranstalter
Mit einer Gutscheinlösung will die Bundesregierung Kultur- und Sportveranstalter sowie Freizeiteinrichtungen wie etwa Museen oder Schwimmbäder in der Corona-Krise gegen drohende Insolvenzen schützen. Dazu hat sie am 06.04.2020 eine Formulierungshilfe für einen Fraktionsentwurf zur Änderung des Veranstaltungsvertragsrechts vorgelegt.
Gutschein statt Rückzahlung bei coronabedingter Absage oder Schließung
Gemäß der Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf „zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“ soll Art. 240 EGBGB für Veranstaltungsverträge um eine Gutscheinregelung erweitert werden. Danach sollen Veranstalter von Musik-, Kultur-, Sport- und sonstigen Freizeitveranstaltungen und Betreiber von Freizeiteinrichtungen (etwa Museen, Freizeitparks und Schwimmbäder) ihren Kunden statt der Erstattung des Eintrittspreises oder Entgelts einen Gutschein übergeben dürfen, wenn eine Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen oder eine Einrichtung geschlossen bleiben müsse. Voraussetzung sei, dass die Verträge vor dem 08.03.2020 geschlossen worden seien. Erfasst seien auch Veranstaltungen, die an mehreren Terminen stattfänden, etwa Dauerkarten.
Gutscheinlösung gilt nicht bei beruflichen Fortbildungen, Seminaren und Fachmessen
Nicht in den Anwendungsbereich fallen laut Formulierungshilfe Veranstaltungen, die im beruflichen Kontext erfolgten, wie etwa Fortbildungen und Seminare oder Veranstaltungen, die sich vorrangig an ein Fachpublikum wenden (etwa Fachmessen und Kongresse). Anderenfalls würden insbesondere Selbstständige, Freiberufler und kleine Betriebe infolge einer Bindung ihrer Liquidität häufig stark belastet.
Gutschein für Nachholveranstaltung oder alternative Veranstaltung einlösbar
Der Wert des Gutscheins müsse den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfassen, heißt es in dem Entwurf weiter. Zudem dürften keine Kosten für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins in Rechnung gestellt werden. Der Gutschein sei ein reiner Wertgutschein und könne entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine alternative Veranstaltung eingelöst werden.
Auszahlungsanspruch bei Unzumutbarkeit oder Nichteinlösung bis Ende 2021
Der Inhaber des Gutscheins könne allerdings die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn ihm die Annahme des Gutscheins aufgrund seiner persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar sei oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31.12.2021 eingelöst werde. Für die Geltendmachung des Auszahlungsanspruchs gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB).
Verbraucherschützer sehen geplante Gutschein-Regelung für coronabedingt stornierte Reisen kritisch
Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht die Pläne der Bundesregierung kritisch, für aufgrund der Corona-Pandemie stornierte Pauschalreisen oder Flüge eine Gutschein-Regelung einzuführen. Nicht alle Verbraucher könnten es sich leisten, in Zeiten von Kurzarbeit den Unternehmen kostenlose Kredite zu geben, schreibt sie in einer Pressemitteilung vom 07.04.2020. Ferner könnten sich bei Flugtickets Gutscheine ohne Insolvenzabsicherung als wertlos erweisen.
Reisebranche wartet auf „Gutschein-Exit“ und wimmelt Verbraucher ab
Mit Blick auf das geplante Gutschein-Modell hielten viele Pauschalreiseanbieter und Fluggesellschaften Verbraucher bereits hin und leisteten kaum noch Rückzahlungen, berichtet die VZ. „Uns erreichen täglich Anfragen von Ratsuchenden, die die Anzahlung für einen gebuchten Pauschalurlaub oder die Kosten für Flugtickets wiedersehen möchten, doch man wimmelt sie ab, vertröstet auf später oder bietet Gutscheine an. Oft sind die betroffenen Unternehmen auch gar nicht zu erreichen“, so Julia Rehberg von der VZ. „Die Reisebranche spielt auf Zeit und wartet auf den offiziellen Gutschein-Exit.“
Gutscheinlösung soll für vor dem 08.03.2020 gebuchte Reisen gelten
Die geplante „Gutschein-statt-Geld-Regelung“ der Bundesregierung solle voraussichtlich rückwirkend für Reiseangebote gelten, die vor dem 08.03.2020 gebucht worden seien. Anbieter sollen Gutscheine ausstellen dürfen, wenn wegen der Corona-Pandemie beispielsweise eine Pauschalreise nicht angetreten werden könne oder ein gebuchter Flug annulliert werde. Wann die Regelung in Kraft trete, sei bislang nicht klar, denn über das Vorhaben müsse auf europäischer Ebene entschieden werden.
Verbraucherzentrale fordert Wahlrecht für Verbraucher
„Wir sehen den Vorstoß der Politik kritisch, auch wenn die Corona-Krise eine besondere Herausforderung für Unternehmen darstellt“, so Verbraucherschützerin Rehberg. Viele Verbraucher würden Gutscheine akzeptieren, wenn die Werthaltigkeit staatlich abgesichert wäre. Andere könnten es sich nicht leisten, in Zeiten von Kurzarbeit den Unternehmen kostenlose Kredite zu geben. „Pauschalreisende sollten zumindest die Wahl zwischen einem Gutschein mit staatlicher Insolvenzabsicherung und der Auszahlung ihres Geldes haben.“
Insolvenzabsicherung auch bei Gutscheinen von Fluggesellschaften gefordert
„Auch für Fluggesellschaften müssen die neuen Vorgaben gelten!“, fordert Rehberg. Denn dürften diese im Fall der Annullierung wegen Corona künftig Gutscheine ausgeben, sei für diese in den Vorschlägen der Bundesregierung an die EU-Kommission keine Insolvenzabsicherung vorgesehen. Gehe die Fluggesellschaft pleite, sei der Gutschein nichts mehr wert.
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Quelle: gekürzt Newsletter C.H.Beck vom 13./14.04.2020