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Insolvenzantragspflicht für durch Corona-Epidemie insolvente Unternehmen soll ausgesetzt werden

Insolvenzantragspflicht für durch Corona-Epidemie insolvente Unternehmen soll ausgesetzt werden

Um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten, soll die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung werde vorbereitet, teilte das Bundesjustizministerium am 16.03.2020 mit. So solle verhindert werden, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil sie die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfe nicht rechtzeitig erhalten.

Aussetzung bis 30.09.2020 geplant

Es sei aus organisatorischen und administrativen Gründen nicht sichergestellt, dass die beschlossenen Hilfen rechtzeitig innerhalb der Insolvenzantragspflicht von drei Wochen bei den Unternehmen ankommen werden, schreibt das Ministerium. Deshalb solle das Corona-Hilfspaket der Regierung mit einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für die betroffenen Unternehmen flankiert werden. Als Vorbild für die geplante Änderung dienten Regelungen, die anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 getroffen worden seien.

Corona-bedingte Insolvenz und Sanierungsaussichten erforderlich

Voraussetzung für die Aussetzung solle sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen oder ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen. Darüber hinaus solle eine Verordnungsermächtigung für das Bundesjustizministerium für eine Verlängerung der Maßnahme höchstens bis zum 31.03.2021 vorgeschlagen werden.

Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus

1. Arbeitsschutzgesetz/Fürsorgepflicht

Der Arbeitgeber ist zu Schutzmaßnahmen seinen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet. Verletzt er diese Verpflichtung, ist er zum Schadenersatz verpflichtet. So kann beispielsweise der Arbeitgeber seine Belegschaft auferlegen, regelmäßig die Hände zu waschen und auf Körperkontakt zu verzichten. Er kann weitere Hygienehinweise erteilen, wobei zu empfehlen ist, die Schutzmaßnahmen an den aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts auszurichten.
Bei Bestehen eines Betriebsrates sind diese Handlungsgrundsätze mitbestimmungspflichtig.

2. Test auf Infektion

Eine Anordnung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wird der Arbeitnehmer nicht nachkommen müssen, da dies vom Weisungsrecht nicht mehr gedeckt ist. Im Gegenzug muss der Arbeitnehmer jedoch dem Arbeitgeber eine Erkrankung mitteilen.

3. Verbot von Dienstreisen, Meetings, Fortbildungsveranstaltungen

Hier darf der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes/Weisungsrechtes die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen untersagen.

4. Dienstreisen in Risikogebiete

Sobald eine Reisewarnung für eine bestimmte Region ausgesprochen worden ist, ist die Anordnung von Dienstreisen unzulässig.

5. Private Reisen in Risikogebiete

Private Reisen, ggf. bereits gebuchte Reisen, dürfen nicht untersagt werden. Es besteht jedoch ein Fragerecht, ob in ein Risikogebiet gereist wird. Darüber hinaus besteht möglicherweise die Entgeltfortzahlungsverpflichtung nicht mehr, wenn ohne triftigen Grund entgegen der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gereist wird und dabei eine Infektion erfolgt.

6. Arbeitsverweigerung

Die Arbeitnehmer haben grundsätzlich kein Recht aus Angst vor einer Ansteckung die Arbeit zu verweigern.

7. Möglichkeiten als Arbeitgeber, wenn Arbeitnehmer infiziert sind

Hier besteht die Möglichkeiten der Arbeitgeber bei Anzeichen auf eine Erkrankung bei Fortzahlung der Vergütung freizustellen oder aber auch ein Zeitausgleich auf dem Arbeitszeitkonto vorzunehmen. Wird eine Quarantäne gegenüber dem Arbeitnehmer behördlich angeordnet, besteht eine Entschädigungsmöglichkeit des Arbeitgebers nach dem Infektionsschutzgesetz für Entgeltfortzahlungen. Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, die nunmehr erweitert wurden, Kurzarbeit anzuordnen.

8. Verhalten des Arbeitgebers, wenn die zuständige Behörde Maßnahmen ergreift

Es besteht die Möglichkeit, dass die zuständigen Behörden Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz ergreifen, beispielsweise Quarantäne anordnen oder berufliche Tätigkeitsverbote erlassen. In diesem Falle haben die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da sie nicht arbeitsunfähig erkrankt sind. Denkbar ist allerdings ein Vergütungsanspruch nach § 616 BGB, dessen Anwendung arbeitsvertraglich jedoch ausgeschlossen sein kann.

9. Kurzarbeit wird erleichtert

Vor dem Hintergrund von Covid19 hat die Bundesregierung die Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld abgesenkt und die Leistung erweitert.

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BSG erhöht Anforderungen an Rechtsfolgenbelehrung für zweite und dritte Sperrzeiten

BSG erhöht Anforderungen an Rechtsfolgenbelehrung für zweite und dritte Sperrzeiten

  • zu BSG , Entscheidung vom 27.06.2019 – B 11 AL 14/18 R; B 11 AL 17/18 R

Lehnt ein Arbeitsloser wiederholt Beschäftigungsangebote ab oder verweigert die Teilnahme an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung und zeigt damit versicherungswidriges Verhalten, kann deshalb eine zweite und dritte Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen eintreten. Dies geht aber nur, wenn dem Arbeitslosen zuvor konkrete Rechtsfolgenbelehrungen erteilt worden sind und zudem bereits ein Bescheid über eine vorausgegangene Sperrzeit ergangen ist. Dies hat das Bundessozialgericht am 27.06.2019 in zwei Fallgestaltungen entschieden (Az.: B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R).

BSG verschärft Anforderungen an Rechtsfolgenbelehrung

In beiden Fällen hatte die Arbeitsverwaltung erst deutlich nach dem mehrfachen möglichen versicherungswidrigen Verhalten zeitgleich mehrere Bescheide über Sperrzeiten mit unterschiedlicher Dauer erlassen hatte. Gegenüber der bisherigen generellen Praxis der Bundesagentur für Arbeit hat das BSG damit erhöhte Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung für solche Sperrzeiten formuliert, die über eine Dauer von drei Wochen hinausgehen.

Belehrung muss sich auf konkreten Fall beziehen

Einheitliche Rechtsfolgenbelehrungen, die – wie in den entschiedenen Fallgestaltungen – auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen bei einem wiederholten versicherungswidrigen Verhalten hinweisen und damit lediglich den Gesetzestext wiederholen, seien keine wirksamen Rechtsfolgenbelehrungen für Sperrzeiten mit einer Dauer von sechs oder zwölf Wochen, so das BSG. Mit den Grundsätzen einer individuellen Vermittlung sei verbunden, dass hinsichtlich der leistungsrechtlichen Konsequenzen im konkreten Fall belehrt werden muss. Ausgehend hiervon komme in der Sache B 11 AL 14/18 R schon deshalb nur eine dreiwöchige Sperrzeit in Betracht. Allerdings seien weitere Feststellungen des Landessozialgerichts erforderlich, weshalb die Sache zurückverwiesen wurde.

Zeitgleiche Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen mehrerer Sperrzeiten unzulässig

Gleichfalls in Abweichung von der bisherigen Praxis der Arbeitsverwaltung hat das BSG aus der systematischen Regelungsstruktur der Sperrzeitvorschriften und den Grundsätzen zu deren verfahrensrechtlicher Umsetzung abgeleitet, dass die besonderen Rechtsfolgen einer zweiten und dritten Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen nur eintreten können, wenn das vorangegangene versicherungswidrige Verhalten durch einen Verwaltungsakt umgesetzt worden ist. Wegen der vom Gesetz geforderten Abfolge von erstem, zweitem und weiterem versicherungswidrigen Verhalten müsse auch die Umsetzung zeitlich gestaffelt stattfinden. Ausgehend hiervon habe die sechswöchige Sperrzeit im Verfahren B 11 AL 17/18 R keinen Bestand haben können, weil die Agentur für Arbeit erst zu einem späteren Zeitpunkt die Leistungsbewilligung zeitgleich wegen mehrerer Sperrzeiten aufgehoben hatte.