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Neue Informationspflichten für Anwälte

Am 17. Mai 2010 ist die neue Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) in Kraft getreten. Das Besondere und Wichtige: Diese Verordnung gilt auch für Anwältinnen und Anwälte. Eine neue Abmahnwelle unter Anwälten steht zu befürchten.

Die Verordnung schafft für Rechtsanwälte neue Informationspflichten. Einige Informationspflichten werden von Rechtsanwälten, die eine eigene Homepage unterhalten bereits erfüllt, sofern das Impressum gemäß den Maßgaben von § 5 TMG gestaltet ist – was leider nicht immer der Fall ist.

Informationspflichten bereits von Mandatierung

Die Informationspflichten sind vor Abschluss eines neuen Mandats zu erbringen. (vgl. Formulierung § 2 Absatz 1 und § 3 Abs. 1 DL-InfoV „vor Erbringung der Dienstleistung“).

Vor Abmahnungen schützen

Um nicht in die Abmahnfälle von „übereifrigen“ Berufskollegen zu geraten, sollten die Vorgaben der DL-InfoV rasch in der Kanzlei umgesetzt werden. Leichter haben es dabei alle Kanzleien, die eine Webseite unterhalten. Die notwendigen Informationspflichten könne grundsätzlich auf der Homepage gemacht werden, wenn der Mandant die Möglichkeit hat, die Homepage vorher einzusehen. Wer noch keine Homepage betreibt, muss Informationsbroschüren vorhalten, die jedem Mandanten vor Mandatsabschluss auszuhändigen sind oder Aushänge im Wartezimmer machen. Das funktioniert aber nicht, wenn das Mandat ohne persönliche Rücksprache entgegengenommen wird.

Homepage

§ 2 Abs. 2 Ziff. 3. DL-InfoV eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit, den Informationspflichten auf elektronischem Wege auf eine Webseite nachzukommen. Damit das jedoch ausreicht, sollte deutlich auf Briefbögen und Visitenkarten auf die Homepageadresse hingewiesen werden.

Jeder Internetauftritt muss überarbeitet werden

Sofern Sie die notwendigen Informationen nicht in gesonderten Broschüren den Mandanten zur Verfügung stellen, sondern Ihre Homepage nutzen möchten, wird in jedem Fall eine Überarbeitung des Internetauftritts notwendig, da z.B. Angaben zur Berufshaftpflichtversicherung zu machen sind. Derartige Angaben finden sich bisher in der Regel nicht auf Kanzleihomepages.

Berufshaftpflichtversicherung

§ 2 Abs. 1 Ziff. 11 verlangt Informationen zur Berufshaftpflichtversicherung. Danach  müssen „insbesondere“ der Name und die Anschrift der Berufshaftpflichtversicherung genannt werden. Wegen der Formulierung „insbesondere“ im Verordnungstext ist derzeit fraglich, ob noch weitergehende Informationen zur Berufshaftpflichtversicherung notwendig sind (so genannter „offener Tatbestand“). Möglicherweise ist auch die Versicherungsnummer bekannt zu geben. Weil allerdings der Wortlaut in Art. 22 Abs. 1 lit. k) i.V.m. Art. 23 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie viel weniger eindeutig ist, als in der DL-InfoV hält Schons (siehe Lesetipp) folgenden Hinweis bezüglich der Berufshaftpflichtversicherung für ausreichend:

„Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte sind aufgrund der Bundesrechtsanwaltsordnung verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro zu unterhalten. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 51 BRAO“.

Umfang der Informationen

Die Verordnung unterscheidet zwischen Pflichtinformationen („muss… Informationen zur Verfügung stellen“ – § 2 der Verordnung) und Informationen, die nur „auf Anfrage“ zu erteilen sind (§ 3 der Verordnung). § 4 (Erfoderliche Preisangaben) und § 5 (Verbot diskriminierender Bestimmungen) der Verordnung sollten für Anwälte weniger einschlägig sein.

Homepages von ra-online

Kanzleien, die eine Homepage von ra-online nutzen, können ab sofort die nach der DL-InfoV notwendigen Informationen auf der Homepage veröffentlichen. Sollten Sie noch keine Homepage bei ra-online haben, fragen sie nach unseren günstigen Einsteiger-/Umsteigerkonditionen, die im Mai und Juni 2010 gelten.

(von Stephan Imm)

Neue Entscheidungen

Aktuelle Rechtssprechungen rund um Unterhalt, Vermietung, Schenkung, Sorgerecht und Betriebskostenabrechnung
Inhalt:

Trennungsunterhalt: Unterhaltskürzung bei “Fremdgehen” – OLG Brandenburg vom 24.03.2009 – Az. 10 UF 166/03
Unterhalt: fiktives Einkommen bei unterlassener Vermietung – OLG Jena vom 27.08.2009 – Az. 1 UF 123/09

Kindesunterhalt: Grenzen für fiktives Einkommen – OLG Dresden vom 21.10.2009 – Az. 24 UF 342/09
Kind bleibt nach Scheidung privat krankenversichert – OLG Koblenz vom 19.01.2010 – Az. 11 UF 620/09
Rückforderungsanspruch bei Schenkung an Schwiegerkinder – BGH vom 03.02.2010 – Az. XII ZR 189/06
Sorgerecht: keine Pflicht zur psychotherapeutischen Behandlung – OLG Saarbrücken vom 19.10.2009 – Az. 6 UF 48/09
Betriebskostenabrechnung: Anspruch auf Abrechnungskopien – AG München vom 21.09.2009 – Az. 412 C 34593/08

 

1. Trennungsunterhalt: Unterhaltskürzung bei “Fremdgehen” – OLG Brandenburg vom 24.03.2009 – Az. 10 UF 166/03

Geht ein Ehegatte ein auf Dauer angelegtes außereheliches Verhältnis mit einem anderen Partner zu einem Zeitpunkt ein, zu dem die Ehe noch als “intakt” zu bezeichnen war, stellt dies ein einseitiges Fehlverhalten dar, das eine hälftige Herabsetzung des Trennungsunterhalts nach sich zieht. Hingegen stellt eine sexuelle Umorientierung eines Ehepartners (hier der Ehefrau) nach Meinung des Oberlandesgerichts Brandenburg für sich genommen noch kein Fehlverhalten dar.

Urteil des OLG Brandenburg vom 24.03.2009
Aktenzeichen: 10 UF 166/03
FamRB 2009, 237
FamRZ 2009, 1416

2. Unterhalt: fiktives Einkommen bei unterlassener Vermietung – OLG Jena vom 27.08.2009 – Az. 1 UF 123/09

Unterlässt es ein unterhaltspflichtiger Ehemann, eine ihm gehörende, leer stehende und für eigene Wohnzwecke nicht benötigte Immobilie ohne hinreichenden Grund nicht zu vermieten, ist ihm der durchschnittlich erzielbare Ertrag (Mietzins) als fiktives Einkommen zuzurechnen, was zu einer entsprechenden Erhöhung seiner Unterhaltspflicht führt.

Urteil des OLG Jena vom 27.08.2009
Aktenzeichen: 1 UF 123/09
OLGR Jena 2009, 907
NJW-Spezial 2009, 757

3. Kindesunterhalt: Grenzen für fiktives Einkommen – OLG Dresden vom 21.10.2009 – Az. 24 UF 342/09

Eltern trifft gegenüber ihren minderjährigen Kindern nach dem Gesetz eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung. Sie müssen daher notfalls auch unzumutbare Arbeiten annehmen, um ihre Kinder finanziell zu unterstützen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, müssen sie sich die erzielbaren Einkünfte als sogenanntes fiktives Einkommen anrechnen lassen. Danach bemisst sich dann die Höhe der jeweiligen Unterhaltspflicht.

Gleichwohl kann nicht jeder Unterhaltspflichtige, der seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber seinen minderjährigen Kindern verletzt, einfach zur Zahlung des Mindestunterhalts herangezogen werden. Ihm ist nur ein fiktives Einkommen in der Höhe zuzurechnen, wie er es wirklich erzielen könnte. Das Oberlandesgericht Dresden gibt für ungelernte Kräfte ein Berechnungsbeispiel. So kann bei ungelernten Hilfsarbeitern, die von Zeitarbeitsfirmen beschäftigt werden, in Sachsen ein Monatseinkommen von höchstens 1.000 Euro netto zugrunde gelegt werden.

Beschlüsse des OLG Dresden vom 21.10.2009
Aktenzeichen: 24 UF 342/09
FuR 2010, 110

4. Kind bleibt nach Scheidung privat krankenversichert – OLG Koblenz vom 19.01.2010 – Az. 11 UF 620/09

Wurde ein Kind von Geburt an von seinem Vater privat krankenversichert, sind die Kosten für die private Krankenversicherung auch nach der Scheidung der Eltern als angemessener Unterhalt des Kindes anzusehen. Der über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügende Vater kann nicht geltend machen, das Kind könnte kostenlos bei der gesetzlich versicherten Ex-Ehefrau mitversichert werden.

Das Kind hat daher weiterhin einen Anspruch auf Zahlung der monatlichen Versicherungsprämie von derzeit 180 Euro. Dieser Betrag ist vom Vater neben dem laufenden Unterhalt zu zahlen, da die Kosten für die private Krankenversicherung eines Kindes in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, nicht enthalten sind.

Schließlich wies das Gericht noch darauf hin, dass ein Wechsel in die kostengünstigere gesetzliche Krankenversicherung ausnahmsweise dann in Betracht kommen könnte, wenn die Kombination mit einer privaten Zusatzversicherung denselben Versicherungsschutz bei geringeren Beiträgen bieten würde.

Urteil des OLG Koblenz vom 19.01.2010
Aktenzeichen: 11 UF 620/09
KrV 2010, 57

5. Rückforderungsanspruch bei Schenkung an Schwiegerkinder – BGH vom 03.02.2010 – Az. XII ZR 189/06

Haben Eltern ihren Schwiegerkindern eine Immobilie oder die hierfür benötigten Geldmittel geschenkt, war es für sie ohne entsprechende Vereinbarung bislang recht schwierig, die Rückübertragung oder Rückzahlung zu verlangen, wenn die Ehe des Beschenkten mit ihrem Kind gescheitert ist. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs erleichtert die Durchsetzung solcher Ansprüche nun erheblich.

Nach dieser geänderten Rechtsprechung sind die Ehe der Kinder und die Beziehung der Eltern zu ihrem Schwiegerkind nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Damit handelt es sich bei der Zuwendung um eine Schenkung, deren geschäftliche Grundlage mit dem Scheitern der Ehe wegfällt. Die Höhe des Rückforderungsanspruchs hängt jedoch davon ab, inwieweit auch das eigene Kind von dem Geschenk profitiert hat. Hat das Ehepaar beispielsweise lange gemeinsam in der Immobilie gewohnt, die es von den Eltern der Frau geschenkt oder finanziert bekommen hat, wird das Schwiegerkind nur einen vom Gericht festzusetzenden Teilbetrag zurückzahlen müssen.

Im entschiedenen Fall hatten die Eltern der Ehefrau dem Schwiegersohn 29.000 Euro für die Finanzierung einer ihm gehörenden Eigentumswohnung zur Verfügung gestellt. Wie viel er nach dem Scheitern der Ehe zurückzahlen muss, hat nun die Vorinstanz zu entscheiden.

Hinweis: Derartigen Streitigkeiten sollte von vornherein dadurch aus dem Weg gegangen werden, dass die Schenkung ausschließlich dem eigenen Kind zukommt.

Urteil des BGH vom 03.02.2010
Aktenzeichen: XII ZR 189/06

6. Sorgerecht: keine Pflicht zur psychotherapeutischen Behandlung – OLG Saarbrücken vom 19.10.2009 – Az. 6 UF 48/09

Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind (§ 1666 BGB). Als äußerste Maßnahme sieht das Gesetz die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge vor. Voraussetzung für die Entziehung der elterlichen Sorge wegen Kindeswohlgefährdung ist ein bereits eingetretener Schaden oder eine gegenwärtig vorhandene Gefahr, dass eine Schädigung mit ziemlicher Sicherheit eintritt.

Die Vorschrift des § 1666 BGB rechtfertigt jedoch nicht eine Anordnung des Gerichts, dass sich ein Elternteil und auch das Kind selbst einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen haben. Eine derartige Anordnung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen.

Beschluss des OLG Saarbrücken vom 19.10.2009
Aktenzeichen: 6 UF 48/09
NJW-RR 2010, 146

7. Betriebskostenabrechnung: Anspruch auf Abrechnungskopien – AG München vom 21.09.2009 – Az. 412 C 34593/08

Ein Vermieter darf seinen Mieter nicht darauf beschränken, zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung die zugrunde liegenden Belege und Rechnungen lediglich einzusehen. Vielmehr hat der Mieter einen Anspruch darauf, die Unterlagen zu kopieren oder zu fotografieren.

Urteil des AG München vom 21.09.2009
Aktenzeichen: 412 C 34593/08
NJW 2010, 78
NZM 2010, 81

Krisenmanagement und Haftungsvermeidung des Geschäftsführers einer GmbH

1. Gegenüber Gläubigern der GmbH sollten Sie sich als Geschäftsführer nie auf ihre persönliche Zuverlässigkeit berufen, um dadurch auf die Abschlussbereitschaft ihres Vertragspartners zum Vertrag mit der GmbH zu belegen

2. Sie als Geschäftsführer sollten einzelne Gläubiger nicht bevorzugt behandeln. Es gibt zwar keinen rechtlich zwingend Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger. Dies steht aber im nicht im Verhältnis zum Fiskus (§ 34 Abs. 1 Abgabenordnung).

3. Sie als Geschäftsführer sollen immer bedenken, dass die Grundsätze einer Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs auch in der Krise der GmbH und im Stadium der Liquidation anwendbar sind, so dass sie keine Zahlung aus dem zu Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft leisten und der Bestimmung des § 33 GmbHG zu wider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erwerben sollten.

4. Gewähren Sie als Geschäftsführer anderen Geschäftsführern der Gesellschaft oder Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten keine Kredit aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft.

5. Gewähren Sie bei bestehender Unterbilanz Gesellschaftern keinen Kredit, wenn der Rückzahlungsanspruch nicht dauerhaft gesichert ist. Mit anderen Worten, der Rückzahlungsanspruch muss zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung vollwertig sein.

6. Beobachten Sie als Geschäftsführer mit besonderer Sorgfalt die Finanz- und Vermögenslage der Gesellschaft. Unter Umständen haben Sie auch schon vor dem entstehen einer Unterbilanz einen Sanierungsplan zu erarbeiten, diesen den Gesellschaftern mit entsprechender Begründung vorzulegen und nach der Beschlussfassung der Gesellschaft diesen umzusetzen.

7. Berufen Sie als Geschäftsführer bei Verlusten der Hälfte des satzungsmäßigen Stammkapitals eine Gesellschafterversammlung ein, um die Gesellschafter zu informieren, damit sie die weiteren Schritten einleiten können.

8. Ist die GmbH bereits Zahlungsunfähig oder überschuldet, so stellen Sie als Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag.

9. Leisten Sie als Geschäftsführer nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft/Feststellung der Überschuldung keinerlei Zahlungen an Dritte oder an Gesellschafter. Sorgen Sie insbesondere dafür, dass Zahlungen von Gesellschaftsschuldnern nicht auf ein debitorisch geführtes Bankkonto geleistet werden!

10. Vor der Insolvenzreife halten Sie als Geschäftsführer keine Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung zurück.

11. Nach der Insolvenzreife während der dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist ist die Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht erforderlich. Erst nach Ablauf der dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist aber vor Stellung des Insolvenzantrages macht sich der Geschäftsführer wiederum strafbar, wenn er die Arbeitnehmerbeiträge nicht zahlt.

12. Führen Sie als Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft und auch während der Dreiwochenfrist die Lohnsteuer ab.

13. Legen Sie besonderen Wert auf die Dokumentation, damit im Insolvenzverfahren nachgewiesen werden kann, welche Zahlungsvorgänge zu welchem Zeitpunkt erfolgten. Diese Dokumentation sollten Sie nicht nur für das Unternehmen sondern auch für sich als Geschäftsführer zu einer qualifizierten Verteidigungsmöglichkeit in einem etwaigen Haftungsprozess immer zur Verfügung haben.

(von Rechtsanwalt Jürgen Korn)