Mit Anwaltsempfehlung verbundenes Schadensfreiheitssystem einer Rechtsschutzversicherung verletzt nicht freie Anwaltswahl

Die durch §§ 127, 129 VVG, 3 Abs. 3 BRAO gewährleistete freie Anwaltswahl steht finanziellen Anreizen eines Rechtsschutzversicherers in Bezug auf eine Anwaltsempfehlung nicht entgegen, wenn die Entscheidung über die Auswahl des Rechtsanwalts beim Versicherungsnehmer liegt und die Grenzen des unzulässigen psychischen Drucks dann nicht überschritten wird.

Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 04.12.2013 entschieden (Aktenzeichen IV ZR 215/12).

Sachverhalt:

Die klagende Rechtsanwaltskammer verlangt von der Beklagten Rechtsschutzversicherung die Verwendung von bestimmten in den allgemeinen Bedingungen für deren Rechtsschutzversicherung zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung betreffen. Das Landgericht hat die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen, da die Versicherungsbedingungen der Beklagten das Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl nicht verletzten. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Beklagte dazu verurteilt, die Verwendung der streitgegenständlichen Bestimmungen zu unterlassen.

Der BGH hat das Urteil des OLG auf die Revision der Beklagten hin aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Recht auf freie Anwaltswahl im Zuge der Umsetzung der Rechtsschutzversicherungsrichtlinien im VVG verankert wurden und in § 127 VVG deshalb richtlinienkonform auszulegen sei, nach der maßgeblichen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes schließe die Freiheit der Anwaltswahl nicht jegliche Anreizsysteme des Versicherers in Bezug auf die vom Versicherungsnehmer zu treffende Entscheidung aus, welchen Anwalt er mandatiert. Die Grenze zur Verletzung des Rechts auf freie Anwaltswahl werde erst überschrittten, wenn die Vertragsgestaltung einen unzulässigen psychischen Druck zur Mandatierung des vom Versicherer vorgeschlagenen Anwalts ausübt. Das sei bei den von der Beklagten verwendeten Versicherungsbedingungen nicht der Fall (Beck-Online.beck.de, Beck Link 1029979).